Jorres

Adoption eines „Unvermittelbaren“ Namens Jorres  

Anfang Juni 2023 musste ich nach 17 Jahren meine alte Hündin gehen lassen. Schon nach einigen Tagen „Einsamkeit“ war mir klar, dass ich wieder einen Hund aus dem Tierschutz ein schönes Zuhause bieten möchte. Somit habe ich begonnen im Internet bei Tierschutzorganisationen und Tierheimen nach einem mittelgroßen eher kleinen Hund zu suchen. Im Tierheim Ransbach-Baumbach wurde ich fündig und habe eine „Bewerbungsmail“ mit Fotos versendet. Am 29.06.2023 hatte ich dann um 17 Uhr einen Termin um 2 Bewohner kennen zu lernen. Also habe ich mich pünktlich auf den Weg gemacht, ich wollte nicht zu spät ankommen, um mich dann Dank meines Navis zu verfahren. Gott sei Dank hatte ich mein Handy dabei und war in keinem Funkloch. Nach kurzer Wegbeschreiben habe ich dann doch noch das kleine Tierheim in Ransbach-Baumbach gefunden. Dort wurde mir dann Jorres vorgestellt. Ein damals noch 7-jähriger Rüde, der bereits seit 5 Jahren im Tierheim lebt, 3 Jahre davon in Rumänien und 2 Jahre bereits in Ransbach-Baumbach. Sein Problem war das Anleinen. Auf den ersten Eindruck war er der perfekte Hund. Eigentlich ein wenig zu groß für die bereits vorhandene Hundeklappe in der Eingangstür, aber egal, so etwas kann  man ändern. Jorres wurde dann, außerhalb meiner Sichtweite, in Ruhe angeleint und wir sind eine Runde spazieren gegangen. Er war ein so guter Spaziergänger, er zog nicht an der Leine und freute sich so sehr mal rauszukommen. Also fragte ich, wie geht es denn jetzt weiter? Hund Nr. 2 habe ich dann gar nicht mehr kennen gelernt, da für mich die Sache klar war. Nach einem kurzen Gespräch wurde mit mir ein Pflegestellenvertrag abgeschlossen und ich konnte Jorres mitnehmen. Diesmal ist er auch noch relativ entspannt und freudig in die Box ins Auto eingestiegen.

Die Autofahrt nach Hause war ebenfalls kein Problem. Ausgestiegen ist er auch von ganz allein und hat dann erst einmal das Haus „untersucht“. Da ich ja wusste, dass Anleinen nicht so sein Ding ist, habe ich immer nur die Leinen gewechselt (Hausleine und Gassigehleine). Das hatte sich tatsächlich schnell eingespielt. Allerdings lagen nun zwei neue Probleme vor uns. Jorres ist die Treppe im Haus nicht gelaufen, oben sind Schlafzimmer, Büro und Wohnzimmer und er ist in keine Box mehr gestiegen um Autozufahren. Somit war ich dann erst einmal damit beschäftigt, täglich Leckerchen eine Stufe weiterzulegen, damit er die Treppe immer weiter hochgeht. Was mit Fortschritten und Rückschlägen einigermaßen ging. Auto fahren war allerdings erst einmal gar kein Thema mehr, somit wurden wir dann die absoluten Spaziergänger. Alles wurde nur noch zu Fuß erledigt. Das Positive daran ist, dass Jorres nun alle Wege nach Hause kennt.

Egal, wo er sich im Dorf befindet, er kennt den Weg nach Hause. Und aufgrund seines Körperbaus bestellte ich auch eine neue, größere Hundeklappe für ihn. Dann kam der angesagte Kontrollbesuch vom Tierheim. Alles soweit ganz gut und er durfte bleiben. Ich hätte ihn eh nicht mehr abgegeben und, da er kein Auto mehr gefahren ist, war es wohl auch ein Zeichen von ihm, dass er bleiben wollte. Die neue Klappe wurde auch gezeigt und musste nur noch eingebaut werden. Einige Wochen später war die neue Hundeklappe eingebaut, das Thema anleinen gab es gar nicht mehr und nachts konnte ich sogar das Halsband ausziehen. Bis dahin lebte Jorres 24 Stunden, 7 Tage die Woche mit Halsband.

Die Treppe hatten wir schon bis zur Hälfte geschafft. Auto fahren war immer noch keine Option für ihn, aber er hatte sich auf jeden Fall dazu entschieden „sein“ Grundstück genaustens zu bewachen. Durch das Training mit der Hundeklappe (es war Sommer, sie stand immer auf, befestigt an einer Schnur), war er ja auch jederzeit draußen, um den vorbeifliegenden Vogel, den Postboten, den Nachbar, die vorbeigehenden Schüler etc. Bescheid zu sagen, dass er jetzt hier aufpasst und ohne Kontrollschein keiner mehr das Grundstück betreten kann. Dies führte dann dazu, dass ich ein abschließbares Schloss an mein Gartentor installierte, damit auch wirklich keiner mehr ungefragt das Grundstück betritt. Da ich mir nicht sicher war, was Jorres dann wohl machen würde. Nach dem Sommer war klar, Jorres benutzt die kleine Hundeklappe, obwohl ich mich Jedes Mal frage, wie er da durch passt, ohne stecken zu bleiben, aber die große Hundeklappe wird konsequent ignoriert. Die Treppe hatten wir dann auch bis ganz oben geschafft und ab dem Moment lief und läuft er die Treppe hoch und runter, als wäre nie etwas gewesen. Manchmal lockt er mich sogar heute noch hoch, da er weiterhin davon ausgeht, dass er eine Belohnung bekommt, wenn er die Treppe gelaufen ist. Nun war noch das Thema Auto offen und Tierarzt. Für den Besuch beim Tierarzt habe ich vorsichtshalber bereits rechtzeitig mit dem Maulkorbtraining begonnen. Und das Thema Auto hat sich an einem Wochenende vollständig erledigt. Wir hatten Besuch von einer Freundin mit Hund und sie hatte eine Rampe. Und schon saß Jorres im Auto. Somit war die neu gekaufte große Hundebox nicht mehr notwendig, da der „Eingang“ seitlich war (Flugbox und eher praktisch zum Rein- und Rausheben der gesamten Box). Eine neue Box mit Eingang vorne wurde also bestellt. Und als diese dann da war, war Jorres auch schon so weit, dass er noch nicht einmal mehr die Rampe benutzte, sondern einfach in den Kofferraum springt. Rein und raus. Selbst ist der Mann!! Dann kam der Termin beim Tierarzt und ohne Maulkorb war es quasi unmöglich. Aber das hatte ich mir ja bereits gedacht. Somit Maulkorb an und er wurde dann doch untersucht und geimpft. Beim 2ten Termin beim Tierarzt war Jorres allerdings komplett ruhig. Ich konnte ihn sogar auf den Behandlungstisch heben (war beim ersten Mal gar nicht dran zu denken). Aber auch den 2ten Termin habe ich vorsichtshalber mit Maulkorb gemacht und werde das wohl auch beibehalten. Mittlerweile ist der kleine Mann bereits 8 Jahre alt. Laut Pass wurde er am 01. August 2023 8. Somit nach langer Zeit ein Geburtstag in seinem Zuhause. Spaziergänge ohne Leine waren nach kurzer Zeit schon kein Problem mehr. Er lässt sich super abrufen, auch wenn andere Hunde kommen. Und das Thema Anleinen kennen wir gar nicht mehr. Sylvester hatte nur in der Zeit von 23:55 Uhr bis 00:30 Uhr wirklich Panik und versteckte sich unter der Bank (seine Höhle). Aber wir waren alleine zuhause und er fand dann schnell wieder seine Ruhe zum Schlafen. Ansonsten ist er sehr entspannt, wenn es mal knallt. „Sein“ Grundstück wird weiterhin von ihm mit kräftiger Stimme bewacht. Somit verpasse ich keinen Besucher mehr. Und Menschen, die da sind, sind auch okay. Er lässt sich bis heute nicht gerne von Fremden streicheln. Und fremd sind für ihn fast alle. Gegen Leckerchen darf man ihn mal kurz berühren. Ich kann ihn immer streicheln und das fordert er auch ein. Auf die Couch geht er nur nachts zum Schlafen und die ist für ihn tabu, wenn ich drauf sitze, obwohl ich das so gerne hätte, damit wir mal richtig schmusen können, aber das kommt bestimmt auch noch. Kämmen darf ich ihn nicht, da greift er die Bürste oder Kamm an. Nach einem Spaziergang im Regen kann ich ihn kaum abtrocknen, da wird dann das Handtuch angegriffen und das nicht nett. Aber ich habe ausreichend Putzzeug und muss dann eben öfter putzen, gerade in diesem Herbst / Winter / Frühjahr.

Er liebt es inzwischen Auto zu fahren, findet es aber noch doof, wenn er mal kurz im Auto warten muss (Tanken). Besuch ist ihm recht, solange sie da sind und weg sind. Wenn der Besuch durchs Törchen kommt oder geht, das gefällt ihm bis heute nicht. Aber angeleint geht es einigermaßen. Besuch der über Nacht bleibt ist nicht ganz so toll. Der wird dann bei jeder Bewegung angebellt und zudem findet er es total blöd, dass er dann „sein“ Wohnzimmer nicht nutzen kann, da dies dann das Gästezimmer ist. Da ist er immer froh, wenn der Besuch wieder weg ist. Er hat relativ schnell Hundefreundinnen bekommen, die ihn absolut toll finden und jedes Mal anhimmeln, wenn wir die besuchen. Er ist dann allerdings eher der Typ Macho und reagiert sehr unterkühlt. Hundekumpel hat er auch und Jorres musste sogar schon 3 Tage bei einem Bekannten mit Hund und Katze verbringen, als ich auf Schulung musste. War auch kein Problem. Aber er hat sich riesig gefreut, als ich ihn wieder abgeholt habe. Also wie man sieht, es ist nicht alles perfekt, aber wo ist das schon. Und wir müssen auch weiter an der einen oder anderen Stelle mit viel Geduld und Leckerchen arbeiten, aber ich würde es jederzeit wieder so machen. Und ich kann auch nur jedem empfehlen, der bereits Hundeerfahrung hat, die Geduld aufbringt und sich der Herausforderung bewusst ist, auch einen älteren Hund aus dem Tierschutz zu adoptieren. Auch ein Hund mit Problemen ist ein toller Weggefährte und liebt einen abgöttisch, wenn man mal das Vertrauen aufgebaut hat. Ich denke, wenn man noch 2 Jahre weiterschaut, wird gar nichts mehr ein Problem darstellen und er wird genauso wie meine 3 Hunde vorher (alle aus dem Tierschutz) in Ruhe und ohne Angst mit mir leben. Mit viel Freude an seinem Hundeleben nach so langer Zeit.